Wenn positive Gefühle blockiert sind

Eigentlich läuft alles gerade gut in deinem Leben. Beruf, Beziehung, vielleicht sogar Gesundheit – alles passt soweit. Und trotzdem: Die echte Freude bleibt aus. Das Lachen fühlt sich angestrengt an, die Momente, die „eigentlich“ schön sein sollten, erreichen dich nicht richtig.

Das ist kein Luxusproblem. Es ist ein sehr menschliches Phänomen. Und es hat tiefe Gründe in Körper und Biografie.

Freude ist ein Körpergefühl

Freude ist nicht nur ein Gedanke wie „Das ist schön“. Freude ist ein körperliches Erleben: Wärme, Weite im Brustkorb, Kribbeln, Lebendigkeit. Damit wir Freude wirklich spüren, brauchen wir Entspannung und die Bereitschaft, uns zu öffnen – körperlich und emotional.

Doch genau da liegt das Problem: Viele von uns haben im Laufe ihres Lebens gelernt, ihre Gefühle zu dämpfen. Nicht nur die unangenehmen, „negativen“ Gefühle, sondern auch die angenehmen.

Der Schutzpanzer aus der Biografie

In meiner Arbeit mit Klient:innen kommt oft der Punkt, wo wir auf einen Satz aus der Vergangenheit stoßen. „Reiß dich zusammen!“ ist so ein Klassiker. Wenn wir als Kinder oder Jugendliche diesen oder ähnliche Sätze immer und immer wieder hören, dann prägen sie sich ein. Nicht nur in unsere Erinnerung, sondern auch in unseren Körper. Unbewusst entwickeln wir Strategien, um mit solchen Ansagen besser umgehen zu können.

  • „Sei nicht so laut.“
    Wenn du diesen Satz oft gehört hast, kann eine Schlussfolgerung sein – „Wenn ich mich freue, bin ich zu viel/zu laut für Andere.“

  • „Reiß dich zusammen.“
    Gefühle zu zeigen ist möglicherweise als Schwäche aufgefasst worden, wenn das ein typischer Satz ist, den du oft hören musstest.

  • „Freu dich nicht zu früh.“
    Kaum ein Satz kann Freude so gut dämpfen wie dieser, in dem die Angst vor Enttäuschung direkt mit der Freude in Verbindung gesetzt wird.

Das Ergebnis solcher Prägungen: Der Körper hat gelernt, Emotionen zu regulieren, indem er Spannung aufbaut. Zum Beispiel: Schultern ziehen sich zusammen, der Atem wird flacher, Muskeln bleiben chronisch angespannt. So entsteht ein Schutzpanzer, der nicht nur Trauer oder Wut dämpft – sondern eben auch Freude.

Aus Sicht der Grinberg Methode

Der Körper vergisst nicht. Auch wenn du dir heute sagst: „Ich will mich doch freuen!“, läuft so ein altes Muster typischerweise automatisch. Die Anspannung verhindert, dass der Körper sich hingibt, öffnet, fühlt.

In der Arbeit mit Körperaufmerksamkeit üben wir, diesen Panzer Schritt für Schritt wahrzunehmen und loszulassen. Statt Freude zu „machen“, schaffen wir Raum, in dem sie wieder von selbst auftauchen kann.

Aus Sicht der Lebens- und Sozialberatung

Psychisch betrachtet ist die Blockade oft eine Schutzreaktion. Wer Freude nicht richtig zulässt, schützt sich vielleicht vor der Angst, dass sie wieder verloren geht. Freude bedeutet Nähe, Lebendigkeit – und damit auch Verletzlichkeit. Wenn ich Freude spüre, öffne ich mich. Und Öffnung kann Angst machen, wenn die Erfahrung von Sicherheit fehlt.

Die gute Nachricht: Schutzstrategien sind nicht in Stein gemeißelt. Sobald du erkennst, dass dein System sie entwickelt hat, kannst du lernen, Schritt für Schritt neue Erfahrungen zu machen.

Freude wieder lernen

Freude ist also kein Glücksfall, sondern eine Fähigkeit. Und wie jede Fähigkeit lässt sie sich trainieren. Hier sind ein paar Dinge, die dir auf dem Weg zum Fühlen echter Freude helfen können:

  • Spür deinen Körper: Atmung, Wärme, Bewegung bewusst wahrnehmen.

  • Entdecke deine Blockaden: Welche Anspannung bremst dich in schönen Momenten?

  • Schaffe dir Sicherheit: Freude braucht einen sicheren Rahmen, in dem du dich öffnen kannst. Auch wenn du in der Vergangenheit mit deinen Gefühlen nicht sicher warst – ist es in deinem jetzigen Umfeld noch so?

  • Bleib neugierig dran: versuch kleine Momente der Freude bewusst zuzulassen – ohne gleich Großes zu erwarten.

Fazit

Wenn du dich nicht richtig freuen kannst, heißt das nicht, dass mit dir etwas „nicht stimmt“. Es bedeutet, dass dein Körper und deine Psyche dich schützen wollen – auch wenn der Schutz heute nicht mehr notwendig ist.

Indem du lernst, deine Muster wahrzunehmen und Schritt für Schritt loszulassen, entsteht Raum. Und in diesem Raum kann Freude wieder von selbst auftauchen – unverkrampft, lebendig, direkt. Ich lade dich ein, neugierig auszuprobieren, wie du dich in den Momenten fühlst, wo du eigentlich Freude fühlen willst. Veränderung braucht Zeit und Dranbleiben. Aber der Prozess lohnt sich!

Disclaimer: Die Grinberg Methode® erhebt weder den Anspruch zu heilen, Alternativmedizin oder Massagetherapie zu sein, noch versteht sie sich als Teil der helfenden sozialen Berufe oder als Ersatz für Psychotherapie. Die Grinberg Methode® ist nicht für Menschen geeignet, die an lebensbedrohlichen oder schweren Erkrankungen leiden oder die medizinische oder psychiatrische Hilfe benötigen. Zudem ist sie kein Ersatz für jegliche Art von notwendiger Behandlung oder gesundheitspsychologischer Beratung. Die Methode hat keinen ideologischen oder mystischen Hintergrund.